Wilhelm Jaeger - dem Willkürlichen auf der Spur Freitag 10. August 2000
Eine monografische Ausstellung in der Galerie Belmont in den "Park Hotels Waldhaus" in Flims zeigt einen in sich geschlossenen Zyklus von Werken des Zürcher Künstlers Wilhelm Jaeger.
Jaeger wurde vor allem in den 80er Jahren in diversen grossen Ausstellungshäusern gezeigt.
In diesem Jahr schliesslich war ihm eine grosse Retrospektive auf der Insel Mainau gewidmet.
Sie hat aufgezeigt, dass sein Schaffen auch in den stilleren 90er Jahren kontinuierlich weitergegangen ist. In der Galerie Belmont sind die neuesten Werke des Künstlers - Landschaften - zu sehen.
Von Markus Rischgasser
Der ehemalige Schüler von Ernst Gubler und Heinrich Müller kam durch seinen Grossvater Jakob Baur schon in ganz jungen Jahren in Kontakt mit Malerei. Jaeger unterrichtete später an der Kunstgewerbeschule in Zürich, wo er den Studierenden Ittens Farben- und Formenlehre näherbrachte. Später entwickelte er seine eigene Formenlehre, die er dort ebenfalls weitervermittelte.
Jaeger ist in einem Alter, wo es nicht mehr darum geht, sich künstlerisch zu positionieren, sondern seinen eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und weiterzuentwickeln. Mit den Flimser Landschaften hat er dieses Credo umgesetzt.
Jaegers Thematik und seine Methodik
Den heute in Osogna wohnhaften Künstler zeichnen vor allem zwei Charakteristika aus: Als Maler lotet er Örtlichkeiten aus, sei es, dass er direkt auf sie Bezug nimmt und sie einer Transformation unterzieht, sei es, dass er mit austauschbaren Elementen einen Kontext von erfundenen oder verdichteten Örtlichkeiten schafft. Sein zweites Charakteristikum könnte mit dem Streben nach künstlerischen Synthesen umschrieben werden: Seine Bilder sind eine Verbindung aus Ruhe und Bewegung, aus inhaltlicher Beschränkung aufs Wesentliche und mediumspezifischer Expressivität.
Landschaftsmalerei versus Kraft des Blickes
Die Zeit der Landschaftsmaler ist eigentlich vorbei, sowohl von denen die sie überhöhen als auch von jenen, die anhand von ihr ein pessimistisches Weltbild abzugeben versuchen. Man muss heute schon einen anderen Grund haben, Landschaft zu malen. Dazu kommt, dass Jaegers Thema bis anhin eigentlich vor allem die Architektur in ihren vielschichtigen Erscheinungsformen, menschliches Kulturgut miteinschliessend, war. Weswegen also beschäftigt er sich mit Landschaft?
Erstens weil er es für sich immer schon getan hat und zweitens weil sich der vermeintlich grosse Sprung von seinen Bildern mit architektonischen Elementen zu seinen Landschaftsbildern lediglich als logisch nachzuvollziehender Schritt entpuppt: Mit den Landschaftsbildern schafft Jaeger in Bezug auf sein früheres Werk zweierlei: eine Visualisierung von Ambivalenz und eine Radikalisierung seines Themas.
Jaeger interessiert die Zeit vor der Industrialisierung. Ihn faszinieren Dinge mit elementarem Charakter viel mehr als solche mit einem direkten Bezug zur heutigen Zeit. Indem er die Zeitlosigkeit in seinen Bildern betont, erhält er die Möglichkeit, die Welt, wie sie heute ist, zu reflektieren - aus Distanz. In diesem Zusammenhang sind etwa seine zu Beginn der 80er Jahre entstandenen „Konstruktiven Elemente" wie auch seine neuesten Werke zu sehen. Ähnlich wie die Flimser Landschaften beinhalten umgekehrt auch die „Konstruktiven Elemente" - neben der Konzentration aufs Wesentliche - bereits ein gewisses Eigenleben, etwas Wucherndes. Jaeger konnte die Landschaften also ohne Anstrengung in seine bisherige Bildsprache übersetzen. Architektonische Elemente und die Konstruktion der Natur bilden in Jaegers künstlerischer Sprache keinen Gegensatz. Damit wird eines verdeutlicht: Nicht erst das Gebaute bringt Ordnung in die chaotisch wirkende Welt der Natur, sondern der Blick schafft sie. Insofern stellen die Landschaftsbilder von Jaeger eine Radikalisierung dar, weil er mit der Beschränkung auf das Wesentliche eine Stufe vor der ersten ordnenden Instanz - der Architektur - beginnt. Jaegers neueste Werke sind gewissermassen ein Manifest für die Kraft des Blickes und der visuellen Wahrnehmung, welche in einem Wechselverhältnis zueinander stehen.
(Traum-)Landschaften im Bild
An der aktuellen Ausstellung lässt sich noch ein weiterer Aspekt der Jaegerschen Bilder erfahren. Das Thema der Landschaft ist ein weites Feld: Mit einem Herder Zitat auf der Einladungskarte „.. Hain und Bäume stehen wie Träume...'" verweist Wilhelm Jaeger gleich selbst auf sein Verständnis von Landschaft. Es ist in jedem Fall eine Kulturlandschaft, die ihre eigenen Geheimnisse birgt und in welcher sich der Mensch mehr oder weniger verstehend bewegen kann. Landschaft ist gleichzeitig sowohl Traumwelt wie auch Konstruktion der Natur. Landschaftsmalerei und auf Leinwand gebrachte Traumwelten, wie soll das zusammengehen? Mit Form und Farbe. Jaegers Lösung für dieses künstlerische Problem besteht einerseits aus der Umsetzung der Landschaft in eine spontane Komposition, die sich zu einem guten Teil durch Farbe konstituiert. Andererseits erreicht Jaeger die Synthese von realer Landschaft und Traumlandschaft durch seine Formensprache: Die Landschaft wird reduziert, die Traumwelt muss sich aus dieser Reduktion heraus bilden. Dass dies beim Betrachter auch tatsächlich geschieht, hängt mit der Art des Farbauftrags zusammen: Die dick aufgetragenen Farbschichten betonen die (formbare) Materialität der Bilder.
Dichte Ausstellung zwischen Traum und Flimser Realität
Jaeger bewegt sich auch mit seinen neuesten Bildern in einem realistischen Umfeld, welches aber durch die Transformation des Künstlers Traumwelten entstehen lässt: das Bild als eigener Kosmos, der Künstler als ein Schöpfer einer nicht konstruierten Welt. Darin liegt die eigentliche Stärke dieser Bilder: Sie sind das Resultat eines Créateurs, der den Betrachter eben nicht in die Welt seiner eigenen Sichtweise führt, sondern in eine individuell wahrnehmbare Traumwelt. Die in sich geschlossene, sehr dichte Ausstellung vermag diesen Werkzyklus repräsentativ zu vertreten. Für den Betrachter erleichtert das den Einstig in die Traumwelt, wird er doch von nichts abgelenkt. Trotz klar erkennbaren Bezügen vermitteln die Flimser Landschaften aber auch Jaegers künstlerische Sprache.
Einen kleinen Ausblick in das zukünftige Schaffen des Künstlers geben zwei bemalte Holzskulpturen, die in Tat und Wahrheit bemalte Fundstücke sind. Das Thema der Traumwelt bedarf also nicht unbedingt der Leinwand, sondern ist mediumspezifisch ausbaufähig. Jaeger spielt so auch mit dem Bezug zur Örtlichkeit. Die Fundstücke haben ihn real, aber unsichtbar, die Bilder in Öl auf Leinwand haben ihn sichtbar gemacht, aber nicht in ihrer Materialität.
Die Ausstellung dauert vom 12. August bis Ende September. Die Vernissage findet am Samstag, 11. August ab 1700 statt.
Galerie Belmont, Park Hotels Waldhaus, 7018 Flims
Tel. +41 81 928 48 48 / Fax 081 928 4858 / Mobile +41 79 621 23 39
© Bündner Tagblatt
Wilhelm Jaeger-Flimser Landschaften 11. August 2001
"...Mit der Wahl des Themas der Landschaft erreicht Jaeger in Bezug auf seine früheren Werke aber noch etwas Zusätzliches: eine Visualisierung von Ambivalenz und eine radikalere Umsetzung seiner künstlerischen Intention. Das Moment der Zeitlosigkeit lässt sich anhand von Landschaften ebenso gut verdeutlichen wie mit architektonischen Elementen. Es finden sich zahlreiche Parallelen zwischen Natur und Architektur. Jaeger musste seine Formensprache nicht verändern, um Landschaften malen zu können, denn architektonische Elemente und die Konstruktion der Natur bilden in seiner künstlerischen Sprache keinen Gegensatz. Umgekehrt beinhalten schon seine „Konstruktiven Elemente" etwas Wucherndes, was in den hier gezeigten Landschaften natürlich noch verstärkt zum Ausdruck kommt. Soviel zur Ambivalenz, die wie gesagt mit dem Moment der Zeitlosigkeit, respektive mit der Beschränkung auf das Elementare und Essentielle zusammenhängt..."
"..In jedem Fall kann man auch Jaegers neueste Werke inhaltlich gesprochen als elementare, mediumspezifisch hingegen als äusserst expressive Malerei charakterisieren. Von einer anfänglich vom konkreten Ort losgelösten Malerei ist Jaeger schon seit längerem dazu übergegangen, wiedererkennbare und spezifische Örtlichkeiten zu thematisieren, wie jetzt auch bei den Flimser Landschaften. Auch das ist letztlich keine bruchartige Neuerung, eher eine Transformation oder ein Transport seiner neutralen räumlichen Analysen an einen bestimmten Ort..."
© Galerie Belmont Flims
Einladung Schloss Mainau 27. April 2001
Einladung
Wilhelm Jaeger zu Gast auf Schloss Mainau
Unter der Schirmherrschaft des Vereins Europäisches Kulturforum Mainau
Liebe Freunde der Kulturinsel Mainau,
mit der Ausstellung der Werke von Wilhelm Jaeger können wir ein weiteres Glanzlicht unserer kulturellen Aktivitäten auf Schloss Mainau vorstellen. Das Gelingen dieser Ausstellung war nur möglich dank der von uns sehr geschätzten Unterstützung des Kunstagenten Reto a Marca sowie mehrerer kunstbegeisterter Mäzene. Die Ausstellung findet unter der Schirmherrschaft des Europäischen Kulturforums Mainau statt.
Herzlich willkommen zur Eröffnung am
27. April 2001, 19.00 Uhr, im Weissen Saal
Wir freuen uns, dass der Künstler selbst anwesend sein wird, um Sie mit seinen Werken vertraut zu machen.
Sonja Bernadotte
Vorsitzende des EKFM
© EKFM
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